Gesundheitsdaten für die Forschung
Die Forschung hat in diesen Tagen und Wochen eine zentrale gesellschaftliche und politische Rolle eingenommen. Mit Hochdruck wird an Arzneimitteln und einem Impfstoff gegen das Coronavirus gearbeitet. Ohne Daten ist das jedoch unmöglich. Ob es sich um Gesundheitsdaten von Erkrankten, oder wieder gesundeten Patienten oder Bewegungsdaten von Tracking-Apps handelt – je mehr Daten Forscher erhalten können, umso besser.
Schon vor der Coronakrise hatte sich die Bundesregierung als ein wichtiges eHealth-Projekt die Etablierung von forschungskompatiblen Patientenakten vorgenommen. Hintergrund war, dass gemäß dem Digitalen Versorgungsgesetz (DVG) bis zum Jahr 2021 elektronische Patientenakten eingeführt werden sollen. Diese Akten sollen als Basis dienen, um Gesundheitsdaten aus Krankenhäusern und Arztpraxen für die medizinische Forschung verfügbar zu machen. Nach den Planungen der Bundesregierung soll allen Universitätskliniken bis zum Jahr 2025 eine forschungskompatible elektronische Patientenakte zur Verfügung stehen.
Soweit zur Theorie. In der Praxis stellt sich die Frage, wie genau solch ein Szenario aussehen könnte und welchen Vorgaben Rechnung getragen werden müssen, damit die Persönlichkeitsrechte der Patienten nicht angetastet werden. Eine Studie der Bundesdruckerei hat sich mit diesen Fragen beschäftigt und macht konkrete Vorschläge.
Bürger würden Daten für Forschung zur Verfügung stellen
Die Untersuchung zeigt zunächst, dass die Bürger solchen Szenarien grundsätzlich positiv gegenüberstehen: So ist laut der Untersuchung jeder zweite Deutsche bereit, seine Gesundheitsdaten für die Forschung zur Verfügung zu stellen. Als Voraussetzung nennt die Mehrheit jedoch die Garantie, dass die Datenhoheit weiter beim Patienten liegt. Zwei Drittel der Befragten sprach sich außerdem für eine „Opt-in-Regelung“ aus. Diese Regelung sieht vor, dass Patienten der Datenübermittlung an die Forschung ausdrücklich zustimmen.
Um Datenmissbrauch vorzubeugen, schlägt die Untersuchung das Einschalten unterschiedlicher Organisationen vor. Sie plädiert für das Einsetzen eines Datentreuhänders. Damit ist eine unabhängige Vertrauensinstanz gemeint, die die Daten zwischen Datengeber und Datennutzer sicher und gesetzeskonform vermittelt. Dem Datentreuhänder fiele auch die Aufgabe zu, die Daten zu pseudonymisieren.
Um möglichst viele Bürger zu überzeugen, ihre Daten für die Forschung bereitzustellen, sollten nach Meinung der Experten Anreize gesetzt werden. Als Beispiel nennen sie die Verpflichtung der Forschungseinrichtungen, die Ergebnisse Ihrer Forschung laienverständlich aufzubereiten und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Denkbar wäre auch, Patienten über die Datentreuhänder einzelne Forschungsergebnisse weiterzugeben, damit diese konkret sehen können, wie ihre Gesundheitsdaten zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung beitragen.
Einigung auf einheitliche Patienteneinwilligung
Im April einigten sich nun die unabhängigen Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder auf einen bundesweit einheitlichen Mustertext für die Patienteneinwilligung. Auf diesen hatten sich alle an der Medizininformatik-Initiative (MII) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung beteiligten Universitätsklinikstandorte zuvor verständigt. Mit der Übereinkunft kann die medizinische Forschung nun in ganz Deutschland eine breite Einwilligung in die Nutzung pseudonymisierter klinischer Daten einholen - und zwar unter Einhaltung der EU-Datenschutzgrundverordnung. Damit wurde eine wichtige Voraussetzung für die Durchführung zahlreicher Forschungsvorhaben geschaffen, etwa für eine bessere Patientenversorgung, die personalisierte Medizin, aber auch für die Entwicklung von KI-basierten Entscheidungshilfen. Auch für die Bewältigung der aktuellen Krise dürfte diese Entwicklung gerade zur rechten Zeit kommen, um die notwendige Forschung zu COVID-19 zu unterstützen.